Wir lagen vor Gibraltar und hatten die Pest an Board….

Ich wollte eigentlich über das spanische Essen schreiben und dass mein Kopf und mein Magen sich darüber uneinig sind, ob es gut ist, dass die Spanier so ziemlich alles frittieren, was man essen kann (mein Kopf sagt: „Super!!“) und darüber wie großartig wir das Leben draussen auf der Strasse in Bars finden und dass man abends nach 22:00 Uhr ohne mit der Wimper zu zucken noch etwas zu essen bekommt. Aber es ist wieder mal alles anders gekommen.

Von Malaga aus sind wir über Huelva nach Punta Umbría gefahren, diesmal mit Regionalbahnen und Bus, aber es war trotzdem unproblematisch. Punta Umbría kannten wir noch nicht und es hat uns sehr angenehm überrascht. Obwohl fast ein reiner Ferienort, hat es an vielen Ecken den Charme einer Ferienhaussiedlung der 60er Jahre. Alles ist eher klein gehalten, kaum Hochhäuser und unser winziges Ferienhäuschen lag nur 50 Meter vom Strand entfernt. Ganz zauberhaft und noch in einer Bauart, dass man keine Klimaanlage braucht sondern ein gutes Wärmemanagement.

Unser kleines Häuschen in Punta Umbría

Jedenfalls waren wir kaum angekommen und noch ganz in Verzückung, als der Gatte sich aufs Sofa setzte und fortan von dort nicht mehr aufstand. Kopf- und Gliederschmerzen, Halsschmerzen, Husten…

Natürlich hatten wir vor der Abfahrt noch schnell ein paar Aldi-Corona-Schnelltests eingepackt und waren ganz begeistert, dass sie wider Erwarten doch funktionieren. Bis uns eingefallen ist, warum sie funktionieren. Yeah, einer von vieren hat Covid. Man denkt ja schon auch vor der Abreise darüber nach: Oh Mann, hoffentlich steckt sich keiner an und man schaut auch, dass man immer nur draussen in die Bars geht und in großen Gruppen Maske trägt, aber man denkt das ja häufig nicht so zu Ende.

Was macht man eigentlich, wenn man die eine Ferienwohnung nur bis Samstag gebucht hat, die nächste im nächsten Land ist und das Transportmittel auf das man gesetzt hat in so einer Situation nicht guten Gewissens nutzbar ist. Ich sag mal so: Spanien hat die Quarantänepflicht ausgesetzt, wer infiziert ist, soll halt ein bisschen weniger feiern gehen, aber von Isolation ist nicht die Rede. Wir fanden dennoch Zugfahren keine gute Option und ehrlich gesagt sah der Patient auch nicht danach aus, dass er das kräftetechnisch bewältigen könnte.

Wir entschieden uns für abwarten und absondern.

Picknick allein am Strand anstatt Party auf der Rambla.

Sagen wir mal so, die Ferienwohnung haben wir wirklich gut genutzt. Kein Stuhl oder Sessel auf dem wir nicht gelungert haben. Nicht so ganz das was wir uns vorgestellt haben, aber hey ich bin immerhin schon beim 5. Krimi. Und abends wenn keiner mehr zu sehen war haben wir uns auch mal raus getraut.

Vielleicht hätte es der Gatte mit Rucksack und 5 Mal umsteigen bis nach Portugal geschafft und vielleicht auch wegen der 3M Maske niemanden angesteckt, aber gestern sackte das kleine Kind auf selbigem Sofa zusammen und wollte oder konnte nicht mehr aufstehen. Yeah, 2 von 4.

Wir konnten die Ferienwohnung nicht mehr verlängern und die in Portugal ist schon bezahlt, also bin ich nach Huelva zurückgefahren und habe für ein Viertel unseres Interrailtickets ein Auto gemietet. Schmach!! Die Dame am Schalter der Mietwagenstation hat so schnell gesprochen, dass mein Spanisch leider nicht ausgereicht hat um zu verhindern, dass Sie mich wahrscheinlich mit Ansage über den Tisch gezogen hat. Egal.

Wir haben nun eine ganz wunderschöne Ferienwohnung in Fuseta mit Blick aufs Wasser.

Wenn man schon nur rausgucken kann…

Heute findet hier ohne uns eine großes Stadtfest statt und dafür, dass wir eigentlich ständig in irgendwelchen Bars rumhängen wollten kochen wir ganz schön viel selbst (allerdings fehlt die Fritteuse).

Vom Befinden her schwankt der Zustand zwischen „wirklich elend“ zu „wird schon werden“, glücklicherweise habe ich die überdimensionierte Reiseapotheke zu Hause nochmal upgedatet. Die nächste Herausforderung wird sein, das Auto wieder zurück nach Huelva zu bringen und dann irgendwie nach Lissabon, in der Hoffnung, dass bis dahin alle Tests negativ sind. (Krasser Cliffhanger 🙂 )

Die Zukunft ist eine Kapsel

Eigentlich fanden alle, dass es der Aufregung genug war und trotzdem: wir können Barcelona nicht verlassen ohne einen Besuch der „La Bombeta“ – der (wie wir finden) besten Tapasbar in Barcelona.

La Bombeta

Wir mussten dafür nur zweimal den Abstieg in die Hölle wagen – so nennt das Kind den unterirdischen ca. 50 Grad warmen Bahnhof für die Nahverkehszüge. Und dann wars auch gut mit Barcelona – endlich mal wieder was Neues, auf nach Malaga.

Die geneigten LeserInnen wissen, wir wollten eigentlich nach Japan und aus Reminiszens, liegen wir jetzt lauwarm gekühlt in Plastikboxen – quasi live getuppert.

Wie sich das Futurotel die Zukunft vorstellt.

Funfact: wenn ihr die Karte nachts nicht aus dem Slot zieht leuchtet es durchgehend in der Kiste – für Euch getestet. In der zweiten Nacht war die Klimaanlage in dem Raum in dem die Kapseln standen so ambitioniert, dass wir nur hoffen konnten, dass es wenigstens gegen den natürlichen Alterungsprozess hilft, wenn man sich in eine Kühlbox legt.

Wir haben die untere Box – um uns beim rein klettern nochmal so richtig jung zu fühlen 🙄

Das Hotel warb mit Game-Zone und Bildschirmen in jeder Kabine, die Kinder hatten Phantasien von „die ganze Nacht durchzocken“ und zur Begrüssung bekamen wir von einer stereotyp irgendwie highen Dame eine durchsichtige Plastiktasche mit Fernbedienung, Kopfhörern und Joy-Con. Los gehts!

Immerhin in der Gamingzone gab es zwei Computer und zwei Playstations und die Mitglieder der Familie konnten sogar hin und wieder einen Platz ergattern, aber – wie soll ich sagen – wir waren nicht die einzigen im Hotel, die Computer schon.

Geschafft!

In der Tat gab es in jeder Kapsel einen Bildschirm und wenn man seinen eigenen Netflix Account mitbringt (oder der Vorschläfer vergessen hat, sich abzumelden – was die Leute so gucken…) dann konnte man sogar die ganze Nacht Serien suchten. Und Gourmet Essen gab es auch.

Das Kind fands ok.

Es ist glaube ich für alle ok, dass wir die Übernachtungszahl auf zwei begrenzt haben. Spannende Erfahrung, aber irgendwie in vielen Details noch nicht ausgereift, ein bisschen halb gewalkt und wenn das die Zukunft ist wäre ich geneigt zu sagen: Früher war es besser.

Trotzdem konnten wir Malaga noch ein bisschen auf uns wirken lassen, bei den heissen Temperaturen hatte es uns vor allem der vor 100 Jahren angelegte 20 ha grosse Park am Hafen angetan.

Lauter Pflanzen, die man sonst nur aus Wohnzimmern kennt – in XXXXL

Heute reisen wir weiter nach Huelva an die portugiesische Grenzen. Ich erwarte nun weniger Aufregung, die Ferienwohnung, die wir für die nächsten Tage gemietet haben liegt auf einer kleinen Landzunge und verspricht einige ungestörte Strandtage – mal sehen.

Barcelona: Hay que calor, hay que maravilloso, hay que Urghh !¿!

Wie kann in so kurzer Zeit so viel passieren? Wir liegen völlig erschöpft ausserhalb von Barcelona in einem cleanen Hotel unter der Klimanalage und nichts davon sollte so sein.

Ok, andersrum; Donnerstag früh um 4 Uhr klingelte der Wecker und wider Erwarten war keiner ausgeschlafen. Während drei von uns recht gut in der Emotionsverarbeitung waren, konnte einer den Schlafentzug und die damit verbundene Laune nicht gut von der Schwerkraft trennen.

Abfahrt bei Sonnenaufgang

Tatsächlich hat alles was das Bahnfahren angeht super geklappt, kein Zug hatte Verspätung und bis Frankreich gab es nichts zu meckern. Sogar diese Interrailticket-Nummer verlief absolut unproblematisch, kein „Sie müssen aber erst den Nippel durch die Lasche ziehen-Dingens“, einfach vorzeigen und abbeepen. Super toll.

Gefreut hatten wir uns auf den TGV samt Kaffee der in unserer Erinnerung ein grossartiger cafe con leche aus der irre guten Kaffemaschine war und sich dann im Reallife als aufgebrühter Pulvercappucchino entpuppte – ja, so haben wir auch geguckt.

Aus purem Egoismus haben wir 1. Klasse Interrailtickets gekauft und dabei die Idee gehabt, zwar wirklich gute CO2 Bilanzen zu hinterlassen, aber trotzdem super komfortabel zu reisen. Das erste haben wir übererfüllt, das zweite eher nicht so: Im TGV ging die Klimaanlage immer nur jeden 20. Km. Angekommen in Barcelona hatten wir bereits mehrfach geduscht. Es war so warm, oder wie der Spanier sagen würde: ¡Hay que calor!

Im Air BnB angekommen wurden wir mit wirklich pitoresken Zimmern und einer unglaublichen Dachterrasse empfangen. Die ganze Wohnung glich einem einzigen wunderbaren und märchenhaften Flohmarkt, ein Kind war ausser sich. Que maravilloso! So wunderschön. Eine gekühlte Flasche Weisswein erwartete uns und nach 15 Stunden Fahrt, unzähligen Bahnhofsbaguettes mit Käse und Schinken sanken wir erschöpft, weinbeseelt und umgeben von dutzenden Ventilatoren chinesischer Herkunft in unsere Betten – 1. Nacht.

Frühstück in der verwunschenen Küche

Am nächsten Morgen weigerte sich ein Kind aufzustehen und ein Kind rauszugehen; das war fein, wir gingen allein. Ein Kaffee corto in der Markthalle Santa Catharina…

Der Kaffee steht vor uns – muss man sich einfach ganz schön dazu denken

…und ein Erlebnis im Bahnhof. Wenn man nämlich in Spanien mit Überlandzügen fahren möchte, muss man dafür Sitzplätze extra buchen und das geht nur persönlich vor Ort am Schalter von Jorge. Der – wie er uns erzählte – jeden Tag dort sei, das ganze Jahr, denn schließlich bräuchte es wenigstens einen der das Land am Laufen hielte und wir fanden er hätte eine Medaille verdient. Jedenfalls hat sich Jorge geweigert uns mehr als eine Reservierung zu verkaufen und als wir mit der ersten fertig waren und die Schlange hinter uns auf 25 Personen angewachsen war, wussten wir warum. Alles nicht so einfach.

Der Tag plätscherte dahin mit tollem Essen, einem Ausflug zum Strand per Bahn und endete mit tollem Essen. Eigentlich rundum schön und maravilloso.

Am Strand

Bis das eine Kind gegen 0:30 im Schlafzimmer stand und sagte es hätte da was gefunden….

Wir schauten, schauten, vergrösserten und schauten und dann war es eineindeutig: Drei Exemplare cimex lectularius oder auch ganz ordinär: Bettwanze. URRGH! Weitere Suchen ergaben weitere Ergebnisse und nachdem wir eine halbe Stunde kollektiv vor lauter Überforderung in die Luft gestarrt haben endete unsere Nacht mit Hab und Gut auf der Dachterrasse.

Es war jedenfalls wenigstens nicht zu warm

Soweit wie möglich haben wir schon vor Ort alles geschüttelt und geschlagen, was stoffähnlicher Gegenstand war und nach der ersten „Wer sie gefunden hat, hat sie mitgebracht“ – Diskussion mit der Wirtin konnten wir uns auf „Keiner hat schuld, so isses eben“ einigen und haben fluchtartig das Etablissement verlassen.

Jetzt sitzen wir in einem cleanen Hotel unter der Klimaanlage, erschöpft vom Bugsearch im Bad und haben eine feste Verabredung mit einer 60 Grad Maschine und einem Tiefkühlfach. Hay que Urghh!

Na gut, also doch nicht nach Japan

Wir fahren nicht nach Japan. Sie wollen uns nicht, die JapanerInnen. Also Touristen grundsätzlich. Es ist nämlich so, dass man nur nach Japan reinkommt, wenn man bei einer in Japan ansässigen Reiseagentur eine Pauschalreise mit 24/7 Betreuung bucht. Diese Reiseagentur kann dann für einen bei der japanischen Gesundheitsbehörde bürgen und mit dieser Bürgschaft kann man versuchen ein Visum… egal, wir machen es nicht. Gut, dass wir schon seit einem halben Jahr allen unseren KundInnen erzählen dass wir im Sommer 6 Wochen nicht da sind.

Kurz haben wir überlegt, ob wir es einfach dabei belassen und uns 6 Wochen zu Hause einsperren, aber dann ist uns eingefallen, dass wir das ja gerade erst hatten und ausserdem waren die Kinder dagegen.

Nun gut, die Alternative heisst Iberische Halbinsel. Spanien und Portugal per Interrail. Geplant sind Stand heute 7500 km via tren. Bei den aktuellen Bedingung auch dies eine Abenteuerreise. Mal sehen wie weit wir kommen oder ob wir nach drei Tagen die Reiseroute auf Nordkap ändern.

Das Gute ist ja, dass es dem Interrailticket egal ist wohin wir fahren. Donnerstag 5:30 gehts los, ich sag bescheid wie es ist.

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